Regionalmarketing: Chancen für die Werbung in der Region

Regionalmarketing: Chancen für die Werbung in der Region

REGIONALMARKETING: CHANCEN FÜR DIE WERBUNG IN DER REGION

Die Digitalisierung hat das Marketing in den vergangenen Jahren grundlegend verändert. Insbesondere die Media-Disziplin „Regionalmarketing“ hat davon profitiert: Heutzutage stehen eine Fülle an Zielgruppendaten und Möglichkeiten zur Verfügung, die für die Mediaplanung genutzt werden können. Und auch für die Verbraucher:innen gewinnt Regionalität immer mehr an Bedeutung. Doch warum ist das so und welche Potenziale stecken tatsächlich in der regionalen Mediaplanung?

Auf diese Fragen sind unsere Referent:innen Sebastian Buggert (Mitglied der Geschäftsführung rheingold Institut), Katharina Wildau (Director Strategy Consulting JOM Group) und Markus Weber (Director Media Consulting JOM Group) im Zuge unseres JOM-IMPULSE-Events „Regionalmarketing: Digitalisierung in der Region“ am 23. März 2023 eingegangen.

 

JOM IMPULSE IN A NUTSHELL

Sebastian Buggert: Warum wird Regionalität für Verbraucher:innen immer wichtiger?
Warum Regionalität immer mehr an Bedeutung gewinnt, lässt sich am besten im Kontext der letzten Jahre verstehen. Seit Beginn der Pandemie folgt eine Krise auf die nächste. Ob Corona, Klimakrise oder Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und die daraus resultierende Inflation und Energiekrise – die Verbraucher:innen verspüren sehr viel Unsicherheit und Ungewissheit. In dieser schwierigen Zeit haben sich auch die Bedürfnisse der Konsument:innen verändert.

Die eigene Region als Anker in der Krise

Eines der grundlegenden Bedürfnisse zurzeit ist das nach Schutz und Stabilität. Die Menschen sehnen sich nach Zusammenhalt und Zugehörigkeit. Sie wünschen sich wieder mehr Einfluss und Selbstwirksamkeit, zudem vermissen sie derzeit eine tragfähige Perspektive für die Zukunft. In der Folge besinnen sie sich vermehrt auf für sie Wesentliches und Sinnvolle. All diese Bedürfnisse lassen sich in der eignen Region finden und erklären auch den Erfolg von Regionalität. Vor allem die Sehnsucht nach Schutz und Stabilität führt dazu, dass die Menschen sich dorthin zurückziehen, wo sie sich sicher und wohl fühlen: in die eigene Region, mit der viele ihre Herkunft verbinden und die für sie identitätsstiftend ist. Während der Corona-Pandemie ist eine regionale Verbundenheit entstanden, die unter anderem dazu führte, dass das lokale Restaurant durch Take-away unterstützt wurde. Darüber hatten Verbraucher:innen das Gefühl, etwas zu bewirken, indem sie die eigene Region „am Leben halten“. Gleichzeitig wuchs durch das regionale Engagement auch das Gemeinschaftsgefühl. Dieses Gefühl hält bis heute an und die Region steht für die Menschen nach wie vor für Vertrauen, Verlässlichkeit und Nähe. Wenn Marken die regionalen Identitäten verstehen und darüber glaubwürdig regional kommunizieren, können sie vor allem die Nähe, Bindung und Aufmerksamkeit ihrer Kunden stärken.

Katharina Wildau: Wie können regionale Kampagnen in die Mediastrategie integriert werden?
Die Rückbesinnung der Menschen auf die eigene Region führt auch dazu, dass regionale Werbung wieder relevanter wird. Durch die Digitalisierung haben sich zudem die Möglichkeiten für regionale Mediastrategien verändert. Auch wenn laut aktuellen Nielsen-Zahlen die Werbespendings verschiedener regionaler Player im Media-Mix noch sehr stark zugunsten der klassischen Medien ausfallen, stehen für regionale Kampagnen mittlerweile ähnliche Set-ups wie für nationale Kampagnen zur Verfügung.

Regionale Kampagnen auf dem Big Screen

War TV früher nur für nationale Kampagnen umsetzbar, ermöglichen heutzutage Formate wie Connected TV (CTV) und Addressable TV (ATV) auch regionale Kampagnen auf dem Big Screen. Mittlerweile sind knapp 2/3 der Fernsehgeräte in Deutschland internetfähig. Damit können 81 Prozent der Geräte über CTV und ATV angesteuert werden und stehen somit auch für eine effiziente Nutzung im regionalen Marketing zur Verfügung.

Umfangreiche Tracking- und Targeting-Möglichkeiten dank Digitalisierung

Durch intelligentes Targeting über User-IDs können die einzelnen Komponenten regionaler Digitalkampagnen synchronisiert werden, um Mehrfachkontakte und verschiedene Touchpoints einer Customer Journey zu bespielen. Um ein differenziertes Targeting zu ermöglichen, werden 1st-Party-Daten immer relevanter, insbesondere wenn 3rd-Party-Daten endgültig verschwinden. Denn durch Smartphones verschwimmt der Übergang zwischen On/- und Offline-Kanälen und diese werden immer stärker miteinander vernetzt. Daher wird es immer wichtiger, die verschiedenen Touchpoints zu verstehen. Über Costumer-Data-Plattformen können Werbetreibende Kundendaten sammeln und zu Profilen aufbereiten, sodass diese zur Aussteuerung von Mediakampagnen genutzt werden können.

Alternativ können die gesammelten Daten jeder Maßnahme im Marketing-Mix-Modell für eine umfassende Analyse der Effizienz aller Marketing- und Media-Maßnahmen genutzt werden. Über Korrelationen kann dann der Einfluss der Maßnahmen auf bestimmte Zielgrößen ermittelt werden.

Über eine smarte Motivaussteuerung können im Regionalmarketing heute übrigens auch hyper-lokale Werbemittel ausgesteuert werden, z. B.  als regionalisiertes Werbemittel mit Navigationselement zur nächstgelegenen Filiale im Online Display Advertising.

Markus Weber: Warum wird (D)OOH für das Regionalmarketing immer relevanter?
Auch die Media-Disziplin Out-of-Home (OOH) hat sich in den letzten Jahren durch die Digitalisierung stark verändert und bietet damit neue Chancen für das Regionalmarketing. Ein Blick auf die Entwicklung der Out-of-Home-Kanäle zeigt, dass mittlerweile wieder das Vor-Corona-Niveau bei den Werbespendings erreicht wurde. Allerdings ist der Treiber nicht das klassische OOH, sondern vielmehr Digital Out-of-Home (DOOH). Vor allem programmatisches DOOH konnte einen starken Zuwachs verzeichnen:  2017 entfielen 17 Prozent der Werbeausgaben auf DOOH, 2023 werden es bereits 35 Prozent sein. Davon wiederum werden 20 Prozent für Programmatic DOOH ausgegeben – für 2030 prognostizieren Studien einen Umsatzanteil von 50 Prozent. Denn schon heute erreicht DOOH 57 Mio. Menschen pro Woche und generiert dabei 1,1 Mrd. Kontakte.

Besonders spannend: Über DOOH werden heute auch Bereiche und Nischen bespielt, die früher nur schwer erreichbar waren, wie zum Beispiel der Handel oder die Gastronomie. Die digitalen Flächen bieten mittlerweile zahlreiche Möglichkeiten, um digital und regional präsent zu sein. Dies führt auch dazu, dass 80 Prozent der Bevölkerung wöchentlich über (D)OOH erreicht werden. Zwar sind es derzeit noch vor allem die jungen Menschen in den Städten, da (D)OOH dort besser ausgebaut ist. Aber auch die kleineren Regionen werden zunehmend erschlossen, sodass auch ländlichere Regionen und damit ältere Menschen vermehrt erreicht werden können.

DOOH vs. Programmatic DOOH

Non-programmatic Digital Out-of-Home ermöglicht überwiegend eine Aussteuerung ausschließlich auf Basis von Tages- und Uhrzeiten. Als Grundlage für die Planung der Platzierungen werden historische Bewegungsdaten herangezogen. Dabei können auf den Flächen sogenannte Loops gebucht werden, sodass ein Werbemittel beispielsweise 10-mal pro Stunde erscheint.

Bei den programmatischen Flächen hingegen können Kontakte aufgrund von Echtzeitdaten gezielt gesteuert werden. So kann Werbung zum Beispiel nur bei bestimmten Wetterbedingungen oder mit Hilfe von Live-Daten passend zu aktuellen Sportergebnissen ausgespielt werden. Was nach einem komplexen Aufwand in der Mediaplanung klingt, ist heute dank Tools und Datenbanken gut plan- und umsetzbar. Zuerst werden geeignete Flächen im gewünschten Umkreis ausgewählt und dann um bestimmtes Targeting (Interessen) ergänzt. Die Zielgruppen werden nach verschiedenen Kriterien selektiert und indiziert. Erst wenn ein bestimmter Wert über dem Index liegt, wird ein Werbemittel ausgespielt.

Ein weiterer Vorteil programmatischer Flächen ist, dass nachvollzogen werden kann, ob eine Person, die eine Werbung gesehen hat, anschließend auch das Geschäft besucht hat. Über sogenannte Footfall-Messungen wird einer Person mit Werbemittelkontakt eine Mobile Ad Id (MAID) zugeordnet. Sobald diese Person den Store betritt, kann zurückverfolgt werden, ob eine Verknüpfung zur MAID besteht. Mithilfe von Brand-Lift-Studien kann zudem untersuchet werden, wie sich bestimmte Uplifts beispielsweise auf die Kaufabsicht einer Kampagne ausgewirkt haben.

Grundsätzlich lassen sich über Digital-Out-of-Home-Kampagnen vielseitige Mechaniken wie Erst- oder Wiederansprache über programmatische Flächen umsetzen, sodass DOOH vollständig in den Media-Mix integriert werden kann.

Fazit

Vor allem die anhaltenden Krisen der vergangenen Jahre haben dazu geführt, dass sich die Menschen wieder mehr in ihr eigenes Umfeld zurückziehen. Dadurch hat sich der Trend zur Regionalität verstärkt und hält auch bis heute an.

Gleichzeitig hat die Digitalisierung in der Mediaplanung bewirkt, dass es immer mehr Möglichkeiten gibt, regionale Kampagnen umzusetzen. So stehen nahezu die gleiche Anzahl an Kanälen wie für nationale Kampagnen zur Verfügung: Die regionale Ansprache kann über CTV und ATV auch auf dem Big Screen erfolgen und (programmatisches) DOOH ermöglicht nicht nur eine Zielgruppenansprache nahezu in Echtzeit, sondern auch die Reaktion auf Ereignisse in Sekundenschnelle durch dynamische Werbemittelaussteuerungen. Zugleich können programmatische Flächen budgeteffizient eingesetzt und genauer ausgewertet werden.