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Innovationen sind nicht nur das Rückgrat der Wirtschaft, sie tragen auch maßgeblich zur Entwicklung der digitalen Media-Branche bei. Im vergangenen Jahr hat vor allem der Einzug von künstlicher Intelligenz gezeigt, welche Bedeutung und Möglichkeiten Innovationen haben können.
Doch wie sieht es in diesem Jahr aus? Werden wir 2024 den umfassenden Einzug von KI erleben? Welche weiteren spannenden Neuerungen zeichnen sich in der Mediaplanung ab und wie können Werbetreibende diese bestmöglich nutzen? Welche Trends werden kommen, um zu bleiben? Diese und weitere Fragen beantworteten Stefan von Gagern, KI-Experte und -Coach, Artur Lammert, Teamlead Digital Media Consulting bei JOM Group und Markus Weber, Director Media Consulting bei der JOM Group, in unserem JOM Impulse am 1. Februar 2024.
JOM IMPULSE in a Nutshell
Stefan von Gagern: Wie können mittelständische Unternehmen KI nutzen?
2023 stand ganz im Zeichen der künstlichen Intelligenz – eine Entwicklung, die auch auf den Vormarsch von Chat GPT zurückzuführen ist. Und es ist abzusehen, dass generative AI weiterhin auf der Überholspur bleibt. So sagt der Gartner Hype Cycle, dass bis 2026 weltweit 80 Prozent der Unternehmen mit KI arbeiten werden. Laut Bitkom-Studie ist aber vor allem die deutsche Wirtschaft noch zögerlich, wenn es um die Implementierung von künstlicher Intelligenz geht. Dies liegt unter anderem daran, dass viele Unternehmen generell Veränderungen scheuen bzw. von dem rasanten Tempo überfordert sind oder nicht über das nötige Know-how Inhouse verfügen.
Wie kann der Einstieg in KI für Unternehmen aussehen?
Zunächst ist festzuhalten, dass es nicht notwendig ist, alle KI-Tools zu kennen. Vielmehr sollten sich Unternehmen überlegen, welche Use Cases es bereits gibt, um dann die Tools auszuwählen, die den passenden Mehrwert bieten. Die wohl bekannteste Anwendung ist Chat GPT. Das Tool gehört zu den Large-Language-Modellen, die auf eine Vielzahl von Trainingsdaten (z. B. aus dem Internet) zugreifen. Aus den vorhandenen Daten kann Chat GPT neue Inhalte erzeugen und zählt damit zur generativen KI. Die Kommunikation erfolgt über Natural Language Processing, so dass mit einfachen Befehlen Ergebnisse erzielt werden können. Chat GPT analysiert dann den Input, versteht die Muster in der Sprache und liefert dann Antworten, die Sinn ergeben. Doch wie kann KI im beruflichen Umfeld aussehen? Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz können Meetings effizienter gestaltet werden Chat GPT 4 kann beispielsweise aus stichpunktartigen Meeting-Notizen ToDo’s festhalten, während der „Microsoft Copilot Pro“-Meeting-Zusammenfassungen direkt aus Teams-Calls erstellt. Die KI kann auch bei Recherchen unterstützen. So kann Perplexity AI umfangreiche Webrecherchen inklusive Zusammenfassungen und Quellenangaben erstellen. Midjourney oder Chat GPT können Produkte visualisieren oder Illustrationen kreieren, die bei der Content-Planung für Kampagnen genutzt werden können. Außerdem kann Chat GPT bei der Themenplanung und -findung helfen.
Beim Einsatz von KI gilt es allerdings auch einiges zu beachten. Vor allem der Datenschutz spielt eine wichtige Rolle. Unternehmen sollten sich daher vor der Verankerung von Künstlicher Intelligenz in ihren Strukturen beraten lassen, um eine KI-Strategie zu entwickeln. Zudem sollten Nutzungsrichtlinien definiert werden, um sensible Daten zu schützen. Mit dem Einzug der Tools in die Abteilungen empfiehlt es sich zudem, KI-Botschafter:innen einzuführen und die Mitarbeiter:innen zu schulen.
Artur Lammert: Welche Themen werden Werbetreibende 2024 zudem beschäftigen?
Eine große Herausforderung in der aktuellen Zeit ist, dass mit zunehmender Betrachtung eines Werbemittels die Aufmerksamkeit rapide abnimmt. Das Zusammenspiel von Media und Kreation gewinnt daher immer mehr an Bedeutung, um Awareness zu generieren. Durch den Brandformance-Ansatz in der Kreation kann über Animationen zur Interaktion mit dem Werbemittel eingeladen werden. Auch die Größe des Ausgabegerätes und die Anpassung der Werbemittel je nach Format und Medium tragen zur Steigerung der Aufmerksamkeit bei.
Eine weitere Challenge ist die sogenannte „Banner Blindness“, die immerhin auf 86 Prozent der Nutzer:innen zutrifft. Werbetreibende können darauf mit High Impacts Ads reagieren. Hierbei handelt es sich um Werbeformate, die zur Interaktion mit einer Marke einladen – eine Möglichkeit ist der Gamification-Ansatz. High Impacts Ads haben den Vorteil, dass sie bei niedriger Frequenz eine hohe Werbeerinnerungen erzielen und zu einem Uplift der ungestützten Markenbekanntheit führen. Gleichzeitig haben sie einen hohen Wiedererkennungswert und steigern die Markensympathie.
Eine spannende Entwicklung stellt die Kombination aus High Impact Ads mit KI-gestützter Auslieferung dar. Künstliche Intelligenz führt hier Echtzeitanalysen durch, die unter anderem prüfen, ob die Stimmung, das Bild und Kontext zur Marke passen. Erst dann wird das Werbemittel ausgeliefert.
Das Tool Meta Advantage+ bietet Werbetreibenden zudem die Möglichkeit, ihre Werbemittel mithilfe von KI hinsichtlich Conversion und Interaktion zu optimieren. Neu ist, dass auch eine Anzeigenoptimierung vorgenommen werden kann, indem Visuals zum Beispiel mit kleinen Animationen versehen werden können.
Ein zentrales Thema für Werbetreibende ist zudem die Generation Kopfhörer. Schaut man sich den Musik-Streaming-Markt an, so fällt auf, dass Spotify mit Abstand die meistgenutzte Plattform ist. Für Marketers bieten Spotify & Co, die Möglichkeit, gezielt Momente jenseits des Bildschirms zu nutzen. Auf Spotify können Marken ihre Werbung über Instream Audio Ads zwischen den aktiven Sessions platzieren und damit 100 Prozent Share of Voice erzielen. Audio Ads im Podcast-Umfeld hingegen integrieren sich nahtlos in Podcast-Folgen und bieten eine zielgerichtete Botschaft, die von den Zuhörer:innen intensiv und ungestört wahrgenommen wird. Das Spotify-Audience-Netzwerk bietet Werbetreibenden dagegen die Möglichkeit, abseits der Host Reads entweder über eigene Ads oder Voice Talents Ads in Podcast zu werben. Dies hat den Vorteil, dass die Spots nach soziodemografischen und regionalen Merkmalen ausgeliefert werden können.
Die Möglichkeit, auf Spotify Werbung zu platzieren, geht mittlerweile auch über Audio hinaus. So können auch Video oder Display Ads auf der Plattform platziert werden.
Auch der Bewegtbildmarkt verändert sich 2024 und bietet Werbetreibenden einige (neue) Optionen. Denn was bei den jüngeren Zielgruppen (14- bis 39-Jahren) schon längst der Fall ist, zeichnet sich nun auch bei anderen Altersgruppen ab: Die Nutzung von Video on Demand (VoD) wird klassisches TV überholen und viele Zielgruppen sind nicht mehr oder nur noch selten über klassisches TV zu erreichen.
VoD-Plattformen bieten Marken auch immer mehr Optionen, ihre Zielgruppen dort zu erreichen, wo sie unterwegs sind. Amazon Prime Video startete Anfang Februar damit, auch Werbung im Standardabo-Modell einzublenden. Mit der Besonderheit, dass mit dem Launch direkt auf alle bestehenden 16 Millionen Nutzer:innen zugegriffen werden kann, denn alle, die über ein Abo verfügen, sind automatisch in dem werbefinanzierten Modell drin.
Zudem lässt sich am Beispiel von Netflix beobachten, dass vor allem Streaming-Neukund:innen vermehrt auf die werbefinanzierte Variante zurückgreifen. Immerhin nutzen 40 Prozent von ihnen diese Option. Außerdem wird Netflix für Nutzer:innen immer attraktiver: Jüngst sicherte sich der Streaming-Anbieter die Wrestling-Rechte und steigt somit ins Live-Sport-Content-Geschäft ein.
Ebenfalls spannend für die Mediaplanung ist der Bereich Gaming. Längst ist das Thema in der breiten Gesellschaft angekommen und insbesondere bei den Jüngeren lässt sich beobachten, dass sie regelmäßig spielen. Besonders häufig werden dafür das Smartphone oder die Spielekonsole genutzt.
Mit einem Blick auf die heutigen Gamer:innen, lassen diese sich in vier Gruppen kategorisieren: Die Casual Mobile Gamer spielen nur gelegentlich und sind zu 53 Prozent weiblich. Die Konsolen-Gamer spielen auf dem Big Screen und haben zu 44 Prozent Kinder. Die Hardcore Gamer sind zu 61 Prozent über 35 Jahre alt und investieren viel Geld und Zeit in Games. Die Streamer:innen haben eine eigene Community mit der sie ihre Spiele teilen. Sie gehören zu 64 Prozent der GenZ und den Millenials an.
Werbetreibende haben verschiedene Möglichkeiten, um ihre Zielgruppen rund um Games anzusprechen. Über In Game Ads können Marken direkt in das Spiel integriert werden. „Around the Game“ Ads befinden sich, wie es der Name bereits sagt, rund um das Spiel – zum Bespiel in Reward-Videos. Über Ads „Away from the Game“ kann Werbung beispielsweise in Streaming-Umgebungen wie Twitch platziert werden. Besonders „In Game Ads“ sind spielerfreundlich, da sie nicht als Spielunterbrechung wahrgenommen werden.
Markus Weber: Worth the hype – Welche klassischen Medien wurden durch die Digitalisierung auf das nächste Level gehoben?
Retail Media ist das Thema der letzten Jahre. Und das ist auch nicht verwunderlich, denn immerhin werden nach GfK-Studie 70 Prozent der Kaufentscheidungen am Point of Sale getroffen. Doch was genau fällt eigentlich unter Retail Media? Nach neuster Definition des Retail Media Circles des BVDW ist Retail Media „die einzigartige Möglichkeit, Marken und Produkte dort zu präsentieren, wo ihre Relevanz, Wahrnehmung und Akzeptanz hoch, ihr Weg zu Kund:innen sehr kurz und der Kontext am natürlichsten sind.“
Darüber hinaus hat der RMC in vier Bausteinen definiert, was alles zur Gattung Retail Media gehört:
Während die Möglichkeiten für Marken früher relativ begrenzt waren, am POS mit Werbung präsent zu sein, eröffnet die Digitalisierung heutzutage vielfältige Optionen – zum Beispiel in den Apps der Händler oder an digitalen Stelen um die Geschäfte.
Warum Retail Media bleiben wird?
Da die Retailer über enorme Mengen an eigenen Daten verfügen, ist Retail Media unabhängig von Third- Party-Daten – das ist in der Post-Cookie-Ära besonders entscheidend. Außerdem liefern diese Daten spannende Käufer:innen-Insights, die sich auch für das Targeting nutzen lassen. Zudem bietet die Nähe zum Point of Sale enorme Transaktionsvorteile. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Maßnahmen innerhalb der Customer Journey gut messbar sind und so die Bewertbarkeit bzw. die Optimierung der Kampagne zulassen. Der Trend um Retail Media wird also weiterhin anhalten.
Die Digitalisierung bringt aber auch für den Biggest Screen – Kino – Entwicklungen mit sich, die den Kanal für Werbetreibende attraktiver macht, denn Kinowerbung wird programmatisch. Programmatic Cinema ermöglicht den vollautomatisierten, individuellen Einkauf von digitalen Kinospots in Echtzeit und vereint so die Vorteile klassischer Kinokampagnen mit denen der digitalen Targetings. Die Basis der individuellen Targeting-Möglichkeiten bilden statische Besucher:innen-Daten und dynamische Zielgruppendaten, die miteinander gewichtet werden. Die Ausspielung erfolgt nur bei überproportionalem Zielgruppenfit. Um die Brand Safety zu gewährleisten, können zusätzlich vorab Genres oder Filme ausgeschlossen werden. Programmatic Cinema hat bereits jetzt ein großes Potenzial, denn immerhin können 450 Kinos und damit 80 Prozent der Besucher:innen darüber erreicht werden.
Derzeit gibt es aber auch noch Herausforderungen: Aufgrund technischer Hürden muss der Einsatz Kampagnen-individuell überprüft werden. So können Geodaten bisher noch nicht zwischen Kinos und gebäudeinternen Wohneinheiten oder Restaurants unterschieden werden.
Auch auf die Werbung rund um Live-Sport-Ereignisse hat die Digitalisierung Einfluss. Während Werbetreibende früher langfristige Partnerschaften abschließen mussten, ist es heute dank der Digitalisierung möglich, Werbeflächen rund um Sportereignisse flexibel einzubuchen, sodass Marken Präsenzen, je nach Budget und Regionalität, für einzelne Spiele einkaufen können.
Für Unternehmen ist Werbung rund um Sportereignisse besonders spannend, da eine enorme Awareness aufgebaut werden kann. Die Banden im Stadion sind ein gelerntes Medium und werden als sympathisch wahrgenommen. Zudem können die Zuschauer:innen nicht wegzappen, was auf die Sichtbarkeit einzahlt. Auch der Prozess im Hintergrund ist transparent gestaltet: Die Preise sind über ein Tool für alle sichtbar und somit auch für alle gleich.
Ein weiterer enormer Vorteil: Die Spiele finden nicht mehr nur im Stadion und im Live TV statt, sondern werden auch in Highlight-Clips, z. B. in der Sportschau aufgegriffen oder über Social Media geteilt, was zusätzliche Reichweiten erzielt.
Fazit
Auch 2024 wird ein spannendes Jahr für Werbetreibende. Zum einen eröffnen sich mit Audio-Streaming, neuen Optionen im Bereich Bewegtbild und der Popularität von Gaming weitere Potenziale, um Zielgruppen anzusprechen. Zum anderen verändern sich auch die klassischen Medien durch die Digitalisierung, sodass sich auch hier immer neue Möglichkeiten ergeben, um Werbung zielgruppengerichtet zu adressieren.
Darüber hinaus wird es eine weitere Transformation durch KI geben, auf die Unternehmen frühzeitig reagieren sollten. Nur wer jetzt beginnt, sich mit dem Thema KI auseinanderzusetzen und KI-Strategien zu entwickeln, kann davon profitieren.