Instagram Paywall – Auswirkungen des Abomodells auf Creator, Werbetreibende und User

In den USA läuft seit dem 20. Januar 2022 mit 10 Creators ein Test zu den Bezahlabonnements. Laut Instagram sollen auf diese Weise die Creators finanziell unterstützt werden, die Follower erhalten im Gegenzug Zugang zu exklusiven Inhalten. Instagram ging 2010 mit der Vision an den Start, dass Menschen ihre Erlebnisse mit der Welt teilen können. Mit dieser künftigen Anpassung für die Creators zeigt sich, dass die Plattform schon längst ein Business für viele Menschen ist – und Instagram will nicht mehr nur Geld damit verdienen, dass Werbetreibende Ads schalten, sondern auch vom Kuchen der Creators etwas abhaben. Ganz uneigennützig, dass die Creators unterstützt werden sollen, ist es also schon mal nicht. Denn an jedem, durch ein Abo eingenommen Euro verdient Instagram mit.

Doch welche Creator werden diese Funktion einsetzen, was bedeutet der Einsatz für Werbetreibende und welche Follower wollen sich auf das Spiel einlassen? Alexandra Friebe, Teamlead Digital Media Consulting bei der JOM Group, hat sich diesen Fragen angenommen und ein Gedankenexperiment durchgeführt.

Ein Gedankenexperiment: Perspektive „Creators“

Welche exklusiven Inhalte eignen sich aus der Sicht des Creator, hinter der Instagram Paywall stattzufinden, wofür die Follower bezahlen? Bei z. B. Tageszeitungen oder Magazinen sind es in vielen Fällen entweder besonders heiße News oder laut eigenen Angaben gut recherchierte und aufwendig aufbereitete Beiträge. Um diese Parameter in die Welt der Influencer zu übertragen, die in vielen Fällen ihr eigenes Leben als Content anbieten, könnten es tiefergehende Einblicke ins Privatleben sein. Die Creator können auf diese Weise ihrer Followerschaft Exklusivität bieten, weil nicht jeder sofort jegliche Info erhält, sondern eben nur der ausgewählte Kreis, der auch dafür bezahlt.

Im Grunde ähnelt das Modell dem von Onlyfans: Creator bietet Content, den die Follower konsumieren können, wenn sie dafür zahlen. Bei Instagram müssen die Creator mit dem angedachten Modell jedoch den Spagat zwischen kostenfreiem und kostenpflichten Content schaffen. Sie müssen sich hinterfragen, inwiefern die Paywall zu ihnen und ihrem Content passt und welche Inhalte wo stattfinden. Bisweilen ist die Followerschaft daran gewöhnt, dass jegliche Instagram-Inhalte frei zugänglich sind. Ändert sich das, müssen sich die Creator mit den Erwartungen der Zuschauer:innen auseinandersetzen. Werden sie diesen nicht gerecht, kann es schnell wie bei jeder Marke sein: der „Kunde“ kehr der Marke den Rücken und wendet sich von dieser ab.

Ein Gedankenexperiment: Perspektive „Werbetreibende“

Lassen sich hier auch Potenziale für Werbetreibende finden? Zum aktuellen Zeitpunkt wohl eher nicht: Bis dato wird in vielen Fällen auf die großen Reichweiten der Creator gesetzt. So heißt es häufig, dass mit einer Story bis zu 1 Mio. Menschen erreicht werden können. Dieses Argument würde mit dem Einsatz des Bezahlmodells zu Nichte gemacht werden – Influencer müssen ihre Reichweite hier erstmal neu aufbauen.

Bedeutet das dann aber im Umkehrschluss, dass der Content in den freizugänglichen Storys und Livestreams ausschließlich aus Werbung besteht und der Content zum Leben der Creator selbst findet hinter der Paywall statt? Für die Creators ganz klar ein lukratives Geschäft: doppelte Einnahmen. Für die Werbetreibenden aber wohl weniger. Durch die Abgrenzung des Contents zwischen frei verfügbar und exklusiv entsteht nicht automatisch mehr Inhalt. Das bedeutet einzelne Segmente werden von den frei verfügbaren Inhalten hinter die Paywall verlagert. Die Kooperationen dagegen werden nicht nachlassen, sodass der Zuschauer das Gefühl bekommt, häufiger mit Werbung konfrontiert zu werden und das bei weniger Inhalt. Das führt zu einem Authentizitätsverlust, was sich in der Performance widerspiegeln wird.

Auf der anderen Seite steckt das Modell „Instagram Paywall“ noch in den Kinderschuhen. Wenn es sich ähnlich zu den klassischen Medien entwickelt, dass exklusive Inhalte, die klar definiert sind, hinter der Paywall stattfinden, lässt sich für den Werbetreibenden besser feststellen, in welchem konkreten Umfeld er wirbt. Wie bei einer Werbeeinbuchung im TV z. B. Hier wissen Werbungtreibende, welche Formate vor und nach ihrem Spot ausgestrahlt werden.

Ein Gedankenexperiment: Perspektive „Follower“

Blicken wir auf die Follower selbst, ist Authentizität genau das richtige Stichwort. Ich folge einer Influencerin auf Instagram, weil ich sie interessant und unterhaltsam finde oder sie mir für mich wichtige Informationen liefert. Darüber hinaus bin ich es gewohnt, Inhalte kostenlos zur Verfügung gestellt zu bekommen. Habe ich dann das Gefühl, dass ich nur noch Zuschauerin einer Verkaufsshow bin, deabonniere ich nach einer gewissen Zeit den Account. Oder habe ich das Gefühl, Inhalte werden nur noch mit dem Hintergedanken erstellt, um diese hinter der Paywall zu verlängern oder gar stattfinden zu lassen, deabonniere ich den Kanal.

Auf der anderen Seite identifizieren sich viele der Generation Z mit den Creatoren, welche teils als Idole wahrgenommen werden. Was in den 90ern das Abonnement der Bravo war, spiegelt sich heute auf Social Media wider, sodass hier ein Abo durchaus akzeptiert werden könnte.

Fazit

Auf den ersten Blick mag die Instagram Paywall für Creators insbesondere aus monetärischen Gründen attraktiv sein. Bezieht man hier allerdings den nicht ganz unwichtigen Faktor Authentizität mit ein, sinkt die Attraktivität des Bezahlmodells rapide – egal für welche Seite. Vor allem für Meta geht es doch hierbei nicht darum, den Creatorn etwas „gutes zu tun“, sondern sie versprechen sich dadurch Daten, welche durch einen Abschluss der Abonnenten genutzt werden können, um das Metaversum weiter vorantreiben zu können.

Am Ende ist es jedoch wie mit allen Neuerungen in der digitalen Welt: Es bleibt abzuwarten, wie die Instagram-Welt die Veränderung annimmt. Abschließend sei noch eins gesagt: die Paywall ist auch heute noch bei den klassischen Medien Diskussionsthema und wird sowohl von Werbetreibenden als auch Leser:innen kritisch beäugt.