ATV vs. CTV – Bedeutung, Unterschiede und Prognosen

ATV vs. CTV – Bedeutung, Unterschiede und Prognosen

Längst ist die zunehmende Digitalisierung auch im TV angekommen. Internetfähige Fernsehgeräte, sogenannte Smart TVs gewinnen zunehmend an Beliebtheit – so verfügen 67 Prozent der Haushalte nach der AGF-Plattformstudie 2023-I über ein Fernsehgerät, das an das Internet angeschlossen ist. Zum Vergleich: Nach der repräsentativen Studie Convergence Monitor waren es 2022 noch 61 Prozent. Diese Entwicklung ist auch für Werbetreibende interessant, denn Formate wie Addressable TV (ATV) und Connected TV (CTV) eröffnen neues Potenzial, um Werbung gezielter auszuspielen als im klassischen TV-Werbeblock.

ATV und CTV – Was bedeutet das überhaupt?
Über Addressable TV (ATV) kann Werbung auf einem mit dem Internet verbundenen TV-Gerät im linearen Fernsehprogramm platziert werden. Hier besteht zum einen die Möglichkeit mit einem ATV-Spot im klassischen Werbeblock die Eigenwerbung der Medienhäuser zu überblenden. Zum anderen kann die Werbung nach dem Umschaltprozess platziert werden.

Der Kanal Connected TV (CTV) umfasst dagegen die Ausspielung von Werbemitteln, die über das Internet im On-demand-Content/App-Umfeld auf einem Fernseher ausgestrahlt werden. Der Internetempfang wird dabei durch das TV-Gerät an sich (Smart TV) oder aber durch externe Geräte (z.B. Amazon Fire TV Stick oder Spielekonsolen) sichergestellt.

Der CTV-Markt ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Gemessen an den Nutzer:innenzahlen sind YouTube und Amazon Prime zwar die Big Player im CTV-Umfeld, aber auch die Zahl der Marktteilnehmer und weiterer neuer Plattformen, die Videoinhalte im Bereich Connected TV anbieten, ist gestiegen. Dabei haben sich unterschiedliche Angebotsmodelle herausgebildet, die sich grundsätzlich in drei  Bereiche einteilen lassen:

  • Sogenannte Ad-funded (AVOD)-Modelle sind rein werbefinanzierte Modelle. Für die Nutzung fällt keine monatliche Gebühr an, dafür werden den Nutzer:innen Werbeinhalte ausgespielt. Beispiele hierfür sind Amazon Freevee oder Rakuten TV.
  • Hybride Modelle bieten je nach Anbieter unterschiedliche Optionen: Sind die Nutzer:innen bereit, eine monatliche Gebühr für ein „Premium Abo“ zu zahlen, wird ihnen keine Werbung ausgespielt. Wenn sie nichts oder weniger zahlen möchten, müssen sie dafür Werbung in Kauf nehmen. Auf Plattformen wie Netflix zum Beispiel haben die Nutzer:innen die Wahl zwischen einer höherpreisigen oder kostengünstigeren Variante.
  • Darüber hinaus gibt es die Subscription-funded (SVOD)-Modelle, wie derzeit noch bei der Streaming-Plattform Paramount+. Diese sind gegen eine monatlichen Gebühr werbefrei. Es ist jedoch zu beobachten, dass immer mehr Anbieter, die zuvor auf SVOD gesetzt haben, mittlerweile zu einem Hybridmodell übergegangen sind und mehrere Abo-Optionen zu unterschiedlichen Preisen anbieten.

ATV vs. CTV – Was ist eigentlich der Unterschied?
Um die Mediaplanung effizient aufsetzen zu können, ist es wichtig, dass Addressable TV und Connected TV klar voneinander differenziert werden. In der Werbeplanung ist es entscheidend zu berücksichtigen, dass sie sich bei der Ausspielung der Werbung sowohl im Werbeumfeld als auch in den möglichen Formaten unterscheiden.

Bei ATV kann Werbung ausschließlich im Umfeld des linearen Fernsehprogramms ausgespielt werden. Dabei gibt es zwei mögliche Formate: Die Ausspielung nach dem Umschaltprozess oder aber die Ausspielung im linearen Werbeblock.

Werbung im CTV hingegen findet auf Video-on-Demand-Plattformen oder in Livestreams statt. Meistens wird Werbung dort direkt „In Stream“ ausgespielt – entweder als Pre-, Mid- oder Postroll Ad. Darüber hinaus sind auch Sonderformate zum Beispiel als Overlay oder mit einem Call-to-Action sowie anderen dynamischen Elementen wie das Hinzufügen einer Geolocation möglich.

Ein großer Vorteil von ATV ist, dass die Reichweite aus dem linearen TV mit den Möglichkeiten der Werbeaussteuerung des Internets verknüpft wird. Die bestehende Zielgruppe des klassischen Fernsehprogramms kann über die neuen Wege des ATVs gezielter angesprochen werden. Während beim linearen TV eine nationale Ausspielung erfolgt, kann via ATV nun eine regionale und zielgruppenorientierte Ansprache erfolgen. Allerdings gibt es bisher noch keine Möglichkeit, die genaue Platzierung des Spots im Werbeblock zu bestimmen, wie bei der Mediaplanung im linearen TV.

Während ATV ausschließlich die Nutzer:innen des linearen TV-Programms erreicht, erschließt CTV eine weitere Zielgruppe: Nämlich jene, die nicht mehr über das lineare Fernsehen erreichbar ist. Werbung kann auch bei CTV zielgruppenspezifisch ausgespielt werden und lässt sich u. a. nach soziodemografischen Daten platzieren. Durch das Setzen von Targetings können hier Streuverluste minimiert werden.

Aktuelle Entwicklungen und Prognose
Sowohl ATV als auch CTV bieten spannende Möglichkeiten, wenn es um die Werbeausspielung geht. Doch es gibt auch Herausforderungen, die es zu berücksichtigen gilt. So ist zum Beispiel die Messbarkeit von Addressable TV noch immer ausbaufähig. Während die gängigen Kennzahlen wie Impressionen auf Wochen-, Tages- und Stundenbasis, VTR oder Sendermix und Programmverteilung nachvollziehbar sind, fehlt es bisher an einheitlichen Reportings, die von den Vermarktern zur Verfügung gestellt werden.

Die Targeting-Möglichkeiten im CTV-Umfeld hinken denen im allgemeinen Streaming etwas hinterher. Das Beispiel YouTube verdeutlicht dies sehr gut: Sind die Nutzer:innen nicht auf allen Devices, in diesem Fall auf dem Big Screen, eingeloggt, können Werbetreibende auch nicht auf alle verfügbaren Targetings zurückgreifen.

Wenn es aber darum geht, jüngere Zielgruppen zu erreichen, bietet CTV einen entscheidenden Vorteil: Laut dem Kantar Digitalisierungsbericht Video Trends aus 2023 schauen bereits 37 Prozent der 20- bis 29-Jährigen nur noch selten oder gar kein lineares TV mehr. Da die Reichweite von ATV sich auf die Reichweite des linearen Fernsehens beschränkt, lohnt es sich für Werbetreibende bei der Ansprache jüngerer Zielgruppen, über die Einbindung von CTV in die Mediaplanung nachzudenken.

Generell hat die Online-Bewegtbildnutzung zugenommen: Zahlen aus der Nielsen-Frühjahrstudie 2023 zur Mediennutzung in Deutschland zeigen, dass 70 Prozent der Befragten mindestens einmal pro Woche streamen. Bei den Jüngeren, also den 18- bis 34-Jährigen, sind es sogar 91 Prozent. Dabei werden Videoplattformen und Video-Streaming-Dienste gleichermaßen genutzt.

Es ist zu beobachten, dass Streaming-Anbieter, die in der Vergangenheit auf ein reines SVOD-Modell gebaut haben wie zum Beispiel Netflix, nun gezielt hybride Modelle implementieren. Grund dafür sind stagnierende oder gar abfallende Nutzer:innenzahlen durch die immer größere Auswahl an Alternativen auf dem Markt. So verzeichnete Netflix zwischen Q4 2021 und Q2 2022 einen Rückgang von knapp 221 Mio. Nutzer:innen auf knapp 220 Mio. Mit der Einführung verschiedener Abo-Möglichkeiten und dem Verbot von Account Sharing wirkte der Streaming-Anbieter diesem Trend erfolgreich entgegen: Zwischen Q2 2022 und Q4 2023 stiegen die Zahlen kontinuierlich auf über 260 Mio. Nutzer:innen.

Durch diese Öffnung von reinen SVOD-Modellen (ohne die Möglichkeit der Werbeplatzierung) hin zu den hybriden Modellen entstehen neue Werbeplatzierungen, die Werbetreibende zukünftig in ihrem Media-Mix berücksichtigen sollten. Denn auch in Bezug auf Werbeakzeptanz und Wahrnehmung kann CTV überzeugen: Die „Goldbach Advanced TV“-Studie 2024 zeigt, dass sowohl die Akzeptanz von Werbung als auch die Wahrnehmung der Werbung zunehmend steigt. Gleichzeitig bieten die Streaming-Anbieter stetig neue Formate für Werbetreibende. Zuletzt führte Netflix das „Binge-Ad-Format“ ein, um Werbe-Abos auf das Bingewatching von Serien anzupassen und somit die Werbung attraktiver zu machen.

Fazit
Künftig wird es darum gehen, einen hybriden Bewegtbildmix zusammenzustellen, der über unterschiedliche Videoangebote eine nachhaltige Kontaktdosis in den verschiedenen Alterssegmenten gewährleistet. So spielt je nach Zielgruppe auch Vertical Video eine immer größere Rolle beim Bewegtbildkonsum und der jeweiligen Mediastrategie.

Eine Bewegtbildstrategie muss also zukünftig geräteübergreifend angelegt sein. Zudem sollte sie Aufmerksamkeit als neue Mediawährung verstehen. Entscheidend für die Sichtbarkeit von Kampagnen auf allen Devices ist die richtige Planung von Umfeldern, Werbeformaten und Kontexten. Um den Erfolg solcher Strategien in einem sich kontinuierlich entwickelnden Markt nachvollziehen und optimieren zu können, wird auch der Forschungsbedarf und die Nachfrage nach validen Reportings weiter steigen.