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Dominik Griese ist Metaverse-Experte und berät sowie begleitet heute schon namhafte Unternehmen bei ihren ersten Steps Richtung Metaverse. Uns hat er im Interview verraten, was das Metaverse eigentlich ist und was Brands beachten sollten, wenn diese ins Metaversum einsteigen möchten.
JOM: Wie würdest du das Metaverse in einfachen Worten erklären?
Dominik Griese: Das Metaverse ist im Grunde genommen die neue Form des Internets: sprich dahin, wo sich das Internet hinbewegt. Das Internet wird zunehmend dreidimensionaler und erlebbarer. Das heißt, dass wir das Internet zukünftig nicht nur auf einem Bildschirm sehen, sondern es auch „spüren“ und ganz um uns herumhaben können.
Das Besondere ist nun, dass wir eigene Universen schaffen, in denen ganz viele dieser Metaversen nebeneinander koexistieren. Das ist wichtig zu sagen, wenn wir über das Metaverse sprechen, dass es nicht nur eine einzige Welt gibt, sondern ganz viele, die nebeneinander koexistieren.
Ich kann aber mithilfe eines virtuellen Rucksacks die Dinge, die ich in der einen Welt gesammelt, gekauft oder erlebt habe, mit in die nächste Welt nehmen.
JOM: Wie viele Nutzer:innen sind bereits in den Metaversen unterwegs?
Dominik Griese: Das ist eine gute Frage. In den gesamten Metaverse-Universen gab es alleine im März dieses Jahres 440 Millionen aktive User.
Hier müssen wir aber noch mal mehr reinzoomen, um zu erfahren, in welchen dieser Metaversen sich die Menschen aufhalten. Wir haben z. B. die Universen „Interior“, „Solara“ oder auch Semi-Metaversen. In den Semi-Metaversen befinden sich auch die sogenannten Halbmetaversen wie „Fortnite“, „Minecraft“ oder „Roblox“ – dort sind aktuell noch die meisten Nutzer:innen aktiv.
Roblox“ hatt im März 2022 210 Millionen aktive User, Fortnite 80 Millionen und Minecraft 160 Millionen. Das zeigt, dass Halb-Metaversen bereits einen Großteil der gesamten Nutzerschaft von 440 Millionen ausmacht.
Es ist aber wichtig zu sagen, dass in allen Metaversen von Februar auf März die Anzahl der User um 10 Prozent zugenommen hat, von 400 Millionen auf 440 Millionen aktive Nutzer:innen.
JOM: Wo siehst du die größte Hürde für die Etablierung des Metaverse in unsere Gesellschaft? Und wo die größten Vorteile?
Dominik Griese: Wenn es um die Etablierung des Metaverseses in die Gesellschaft geht, geht es erst mal um den Mehrwert und den Nutzen für diese Gesellschaft. Der Nutzen ist gerade definitiv noch mehr gegeben für Unternehmen und Händler:innen die Geld verdienen wollen – also alles, was in den Wirtschafts- und Finanzsektor reinfällt.
Wenn wir jetzt einen Blick auf „Fortnite“ oder „Minecraft“ werfen, die zunehmend auf den Metaverse-Zug mit aufspringen und ihre Applikationen komplett kompatibel mit den anderen Metaversen machen wollen, dann haben wir einen durchaus größeren Anteil, der sinnvoll ist für den/die Normalverbraucher:in.
Die Gamingwelt ist etwas Kreatives, etwas Erlebbares, man schafft etwas im Metaverse und kann sich austoben. Schulen oder Universitäten können das Metaverse nutzen, genauso wie Architekten. Es ist wichtig, sich die unterschiedlichen Welten anzuschauen und zu gucken, welche dieser Welten bietet wirklich einen gesellschaftlichen Mehrwert.
Wir können uns eine Welt anschauen, in der ich für 100.000 Dollar ein Raumschiff kaufen kann, das dann kaputt geschossen wird. Dann sind meine 100.000 Dollar weg, ohne dass ich je einen gesellschaftlichen Impact damit erreichen konnte. Auf der anderen Seite geht es aber auch um Projekte und Anwendungen, die mit der Zeit nutzbar sind und einen Mehrwert im z. B. Arbeitsleben bieten. Das Erstellen von Mindmaps oder Gegenständen im dreidimensionalen Raum, was wir sonst nur über den zweidimensionalen Bildschirm kennen, birgt neue Potenziale und macht zudem noch Spaß.
Klarer Vorteil ist hier die Transparenz des Geldflusses. Bei Geldspenden, die zum Beispiel auf der Straße getätigt werden, kann ich nicht nachvollziehen, ob das Geld auch wirklich ankommt. Anders ist das bei Transaktionen, die auf der sogenannten Log-Chain stattfinden. Selbst wenn noch zwei Schnittstellen dazwischen sind, sehe ich trotzdem, wenn die Schnittstelle mein Geld am Ende an die richtige Adresse überweist. Das ist eine neue Art der Transparenz.
Aber der wohl entscheidende Mehrwert ist die Entfremdung der großen Monopolmächte, die uns in feste Strukturen im Internet zwingen wollen. Wir suchen uns nicht aus, wie unsere Internetseiten aussehen sollen, sondern es sind am Ende Richtlinien, die uns große Suchmaschinen vorgeben.
Bestes Beispiel ist Google: Der Suchriese gibt klar vor, dass linksbündiger Text besser für die Ausspielung ist. Wer also die vorgegebenen Formatierungen einhält, wird bevorzugt und wer bezahlt, wird oben angezeigt.
Richtlinien dieser Art gehen in den Metaversen zunehmend verloren. Ähnlich wie bei TikTok gilt, ich lasse mich treiben und überraschen, wer bzw. welcher Content mich am ehesten anspricht. Es ist also eine neue Möglichkeit, auch für Kleinere gesehen zu werden. Das ist etwas, was auf großen Suchmaschinen zunehmend schwieriger wird.
JOM: Was empfiehlst du Brands, die ihre ersten Schritte Richtung Metaverse machen möchten?
Dominik Griese: Wenn ich mit Unternehmen spreche, ist es mir erst mal wichtig, ihnen verständlich zu machen, was dieser Mehraufwand, der eine Präsenz im Metaverse zwangsläufig mit sich bringt, bedeutet. Es ist nämlich nicht damit getan, dass die vorhandenen Produkte, die bereits im Onlineshop zum Verkauf stehen, als virtuelle Produkte im dreidimensionalen Raum angeboten werden.
Vielmehr ist eine gewisse Reihenfolge zu beachten. Als erstes empfehle ich immer, sich in einem der 120 unterschiedlichen Metaversen „anzumelden“ bzw. aufzuhalten und auf diese Weise mit der Community in den Austausch zu gehen. Denn auch hier ist es nichts anderes als in der realen Welt: Brands müssen den Need und die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe kennen, um ein Angebot für diese zu schaffen oder das bestehende Angebot anzupassen.
Unternehmen sollten sich immer hinterfragen: Muss ich z. B. meine Brausetablette noch mal als dreidimensionales Produkt anbieten? Wenn an diese Brausetablette jetzt aber gewisse Vorteile gebunden sind, wie der Gratisversand im Onlineshop oder die Kunden bekommen zu jeder virtuellen Brausetablette auch im echten Leben eine Brausetablette zugeschickt – bietet das virtuelle Produkt einen Mehrwert.
JOM: Welche Vorteile haben Unternehmen, die bereits im Metaverse stattfinden?
Dominik Griese: Zuerst sei mal gesagt, dass nicht jede Brand, die bereits im Metaverse „stattfindet“ gewisse Vorteile hat. Es ist noch immer eine eingeschränkte Zielgruppe, die dort online anzutreffen ist und es ist auch wichtig zu betonen, dass es noch eine Zeit lang eine eingeschränkte Zielgruppe bleiben wird.
Ich gehe davon aus, dass der große Hype erst nächstes Jahr im Sommer entsteht. Eine Sichtweise wie auf Facebook, Instagram oder TikTok ist hier ratsam. Es gibt auch hier Unternehmen, die als Erstes darauf aufmerksam wurden und die sich nun in dieser noch überschaubaren Anzahl an Usern ausprobieren und sich schlussendlich schneller finden als die, die erst ein Jahr später einsteigen. Gerade da, wo die Reichweite noch ein bisschen beschränkter ist, ist es auch einfacher, die ersten Fehler zu machen.
Jetzt besteht also noch die Chance, Early Adopter zu sein und sich auszuprobieren – vielleicht sogar die ersten Produkte zu verkaufen oder selber die ersten Produkte zu kaufen.
Marken wie Nike oder Adidas zeigen, was passiert, wenn man früh versteht wie das Konzept funktioniert. Nike hat in diesem Jahr Krypto-Sneaker rausgebracht, die für 250.000 € verkauft werden. Unabhängig davon, dass die Schuhe viel wert sind, verdient Nike durch jeden Weiterverkauf dieser Schuhe wahrscheinlich 5 bis 10 Prozent. Dadurch schaffen sie eine ganz andere Art von Community Management: die Menschen, die virtuell mit dem Unternehmen in Interaktion treten, sei es durch ein Investment oder durch das Tragen eines virtuellen Gegenstandes, haben eine ganz andere Verbindung zur Marke als vielleicht ein:e Käufer:in, der:die im Onlineshop einen Affektkauf tätigt oder durch eine Werbeanzeige auf das Unternehmen aufmerksam wird.
Will heißen, dass es wohl das Beste ist, sich jetzt als Unternehmen im Metaverse zu positionieren und zu lernen, wie es in der Zukunft noch besser geht.